Meer Leben

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Heute wird es philosophisch. Lyrisch. Poetisch. Ich kann nicht anders. Das Meer hat eine Hymne verdient.

Ich befinde mich auf einem Schiff. Als hätte ich die Augen geschlossen, nehme ich nicht wahr was ich sehe. Ich atme. Nur durch die Nase ein und wieder aus. Die kurzen Abständen werden länger, als ob sich ein Schluchzen in eine Befreiung löst. Ich bin überwältigt. Weiß noch nicht, von was genau. Die Luft kühlt mich erfrischend. Ja, sie kühlt einen Brand in mir.

Ich öffne den Mund. Der Wind, die Luft, alles scheint in mich eindringen zu wollen. Um mich wieder zu öffnen. Mit Frische zu durchfluten. Zu reinigen von all dem Abschaum, dem Mief, der an Festland nach oben gespült worden ist in den letzten Jahren.

Wie gerne würde ich gerade Danke sagen. Da dringt sein Rauschen an mein Ohr. Des Meeres Sätze sind die Wellen. Ich verstehe seine Sprache noch nicht. Aber ich weiß, es war gut gemeint. Der tiefe Klang, die Ruhe mit der sich die Mitteilung soeben hat ausrollen und verklingen lassen. Ich sehne mich nach dem nächsten Satz. Ich atme, ich höre.

Vor mir erstreckt sich der Horizont. Das Strahlen dahinter weist mir eine Grenzenlosigkeit. Ich sehe in sie hinein. Ich verliere mich in ihr. Ich löse mich auf. Mein Blick scheint alles erfassen zu können. Die Atmosphäre ist friedlich. Vögel fliegen über mir, eine unfassbare Welt unter mir wird spürbar. Sie hat mich aufgenommen, die Welt. Kein menschlicher Gedanke, keine Bewertung, keine Thematik, kein Streben, kein Kampf, keine Bedrohung, keine Gefahr. Die dunklen, dichten Wolken in der Ferne sind Entladung. Ich nehme sie erleichternd wahr. Ich atme, ich lausche, ich sehe.

Ich entlade mich im Meer. Und es scheint alles in sich aufzunehmen. Wie es alles in sich aufgenommen hat, wovon es in der unendlichen Zeit seines Daseins Zeuge war.

Es wirkt gelassen. Jede Welle wirkt wie eine Befreiung. Nichts Menschliches hat plötzlich mehr Wert. Nur das Sein an sich. Um erleben zu dürfen, was Meer ist. Was wirklich mehr ist.

Meer leben.