Was man von Prag kennt, ist im Grunde auch schon, was die Stadt ausmacht. Für mich jedenfalls. Der Blick auf die Moldau. Das mag aber vielleicht auch daran liegen, dass sich das Selbst in mir automatisch mit allem verbindet, das fließt oder entsprechend in Bewegung ist.
Die Stadt hat ihren Stil. Darin unterscheidet sie sich in keinster Weise von anderen Orten auf der Welt. Er ist geprägt durch die Zeitgeister, die in ihr wohnen. Man muss sie kennen und verstehen lernen wollen. Ob man nun auf dem Wenzelsplatz steht, die Karlsbrücke bestaunen will oder an einem der Pulvertürme hinauf sieht. Entweder empfangen sie einfach nur den Wert eines Blickes oder das Interesse für ihre Entstehung.
Ich will es heute im philosophischen Stil geschrieben belassen und auch so enden. Möglicher Weise ist es nämlich genau jener, wozu sie mich inspiriert hat. Das allein zeigt, dass die Stadt viel erzählen könnte. Könnte! Nur der stumpfe Tourismus lässt sie nicht und die meisten der heutigen Bewohner hören ihr nicht zu.
Vermutlich hat sie jede Menge revolutionären Aufstand erlebt. Spontan denken wir vielleicht an den Prager Frühling, von dem ich zum Zeitpunkt meines Besuches auch nur noch die Begrifflichkeit wusste. Aber es kommen jede Menge andere wachsender Unruhen hinzu, zu denen auch Kafka und viele anderer seiner Zeit gehören.
Ohne auch nur eine dieser Geschichten wirklich zu kennen, spüre ich alles in allem doch eine aus der Vergangenheit durch schleppende Last schwer atmende Stadt. Eine Vielzahl an Menschheitszerwürfnisse, von denen man sie auch heute nicht befreit, um sie endlich aufatmen zu lassen.
Ihr eigentlicher Wert, der einen wahren Frühling verdient hätte, verfällt so irgendwie derzeit in einem grauen Herbsttag, der dem Winter die Hand gibt. Aber es liegt ja an uns, sich einen Sommer zu machen. Wer Glück hat, wie ich, trifft zufällig zwei herrlich strahlende Menschen, die ich auch von nun an im Herzen trage.